Linden-Pahlkrug 1979 - 2010     ;     85 Jungstörche ausgeflogen

 

"Hobor" ; Foto: Rolf Zietz, 2009
"Hobor" ; Foto: Rolf Zietz, 2009

Der Storchennistplatz in Linden-Pahlkrug

Ein Storchenhorst und seine wechselvolle Geschichte

Wer sich intensiv mit den Ereignissen rund um einen Storchenhorst beschäftigt, wird bald feststellen, dass jeder Horst im Laufe der Jahre, meistens sogar im Laufe der Jahrzehnte, seine ganz eigene Geschichte aufzuweisen hat.

Schon vor 1936 bekannt
Der Weißstorch, dieser große majestätische Schreitvogel, zog mich schon als Schüler in seinen Bann, wobei seine Brutbiologie und das interessante Zugverhalten für mich stets von besonderem Interesse waren und sind. An unserem Wohnort in Linden-Pahlkrug, direkt an der Landstraße Erfde - Heide gelegen, gab es wohl schon immer einen Storchenhorst. Soweit ich es noch ermitteln konnte, befand sich schon vor 1936 ein Storchennest auf einem reetgedeckten Stallgebäude des Hofes Schuchard. Beim Abriss des alten Gebäudes 1936 wurde das komplette alte Storchennest auf das sogenannte Schloss, einem sehr niedrigen kleinen Stall verlegt. Das Nest befand sich nun kaum höher als 3 Meter vom Erdboden. Die Dorfjungen konnten in ihrem Entdeckungsdrang immer mal wieder zum Storchennest hinaufklettern. Das kleine Gebäude stand in einer Bodenvertiefung. So war das Geschehen im Horst immer gut einsehbar. Ob und welche Aktivitäten der Dorfjugend oder der Bewohner den Bruterfolg eventuell negativ beeinflussten ist nicht bekannt. Einem heutigen Storchenschützer würde wohl ein Herzinfarkt drohen, ob solcher Schilderungen aus der Vergangenheit (der guten alten Zeit ?).

Aber damals waren Störche auch in Norddeutschland noch etwas alltägliches, nichts außergewöhnliches, sie gehörten zum Landleben und waren einfach jedes Jahr wieder da. Sorgen um den Storch waren damals einfach nicht vorhanden, die Bevölkerung hatte ganz andere Sorgen.

Dieser ungewöhnliche Brutplatz bestand von 1936 bis Anfang der 1940er Jahre. Ab 1945, gegebenenfalls schon ein paar Jahre früher, siedelten die Störche ca. 200 Meter entfernt auf das Reetdach des Bauern Mortensen um und gründeten dort ein neues Nest. Diesen Standort behielten die Störche von mindestens 1945 bis 1978, also über 33 - 35 Jahre.
Die achtlose Entfernung des Horstes 1978 war für mich der Auslöser, einen Ersatzbrutplatz zur Verfügung zu stellen. Das in großen Mengen von den Störchen herbeigeschaffte Nistmaterial konnten sie einfach nicht am Firstende zu einem Nest verankern. Alles Nistmaterial fiel immer wieder herunter, der Nestbau an alter historischer Stätte wollte einfach nicht gelingen. Das vergebliche Bemühen der emsigen, fleißigen Tiere, die so eine lange Reise hinter sich hatten, konnte einem Tierfreund schon leid tun.

Im Frühjahr 1979 wurde deshalb in unserem Garten eine mächtige Silberpappel in ca. 12 Meter Höhe im Kronenbereich so gekappt, dass ein von mir gebauter Kunsthorst angeboten werden konnte. Ich hatte keinerlei Erfahrungen im Kunsthorstbau, hatte mir die ganze Geschichte in einigen Büchern angeschaut und einfach mal drauf los gebaut, nach dem Motto, "so könnte es vielleicht etwas werden". Bei den Arbeiten am Nistbaum war das Technische Hilfswerk (THW) Heide, im Rahmen einer Übung tätig. Es wurde alles noch von langen Leitern aus erledigt. Über die Nestanlage und auch die spätere erfolgreiche Besiedlung wurde in der Heimatpresse (Dithmarscher Landeszeitung) zweimal kurz mit Bild berichtet.

1979: Am 26. April war es dann soweit. Ein Storch besetzte erstmalig die angebotene Nisthilfe, war auch in den nächsten Tagen auffällig häufig da und saß auch schon immer sehr lange im Nest. Wie sich später herausstellte, war es ein unberingtes Weibchen, die noch bis Mitte Mai ohne Partner blieb. Sie hatte schon Eier gelegt, aber das am 14. Mai eintreffende Männchen, Helgoland 4301, nestjung beringt am 2. Juli 1974 in Wohlde, Kreis Schleswig-Flensburg, warf sie sogleich aus dem Horst. Es kam zu einem Nachgelege und im ersten Jahr zog das Paar einen Jungstorch erfolgreich auf.

Nun waren wir stolze Besitzer eines bewohnten Storchennestes in unserem Garten. Irgendwie muss sich der Erfolg gleich im ersten Jahr herumgesprochen haben. Es fragten Interessenten, Bürgermeister oder Jagdvorsteher nach, um auch einen neuen Storchenbrutplatz zu schaffen oder Brutplätze neu herzurichten, an denen das Brutvorkommen zum Teil schon seit mehreren Jahrzehnten erloschen war.

Im Frühsommer des Jahres 1979 lernte ich den Storchenfachmann Georg Fiedler, seinerzeit noch wohnhaft in Bad Homburg, Hessen kennen, der sich um das Ablesen beringter Störche in Dithmarschen kümmerte. Gerne erinnere ich mich, als wir vom Dach unseres Hauses die Beringung des Männchens, Helgoland 4301 feststellen konnten. Ein Spektiv und die Ermittlung von Ringdaten, dass war für mich eine völlig unbekannte Welt, aber zugleich auch Ansporn, mehr über die sogenannten Ringstörche, bzw. die wissenschaftliche Erforschung des Storches zu erfahren. Durch Georg Fiedler kam nun der Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft Storchenschutz im Naturschutzbund Schleswig-Holstein, vormals Deutscher Bund für Vogelschutz zustande. Schon bald wurde mir als Bearbeitungsgebiet in Dithmarschen nördlich der B 203 bis zur Eider als Begrenzung anvertraut. In diesem Gebiet nisteten zu der Zeit 1979 / 1980 noch ganze 6 Paare.

Bestandsanstieg Dank großem Engagement
Bis 2004 / 2005 ist der Brutbestand durch langjährig anhaltende gezielte Nestunterhaltungsmaßnahmen wieder auf 13 Paare angewachsen. Im Rekordjahr 2004 zogen alle 13 Paare Junge auf, es kamen 38 Junge zum Ausfliegen. Das im nördlichen Dithmarschen sogar eine Zunahme der Horstpaare zu verzeichnen war, während in anderen Gebieten stetige Abnahmen waren, werte ich durchaus als kleinen Erfolg.

Ein extremer Vergleich: 1991 zogen zwei Paare nur vier Jungstörche auf. 2004 zogen 13 Paare 38 Jungstörche auf.

Viele kleinere und größere Ereignisse an unserem Horst haben sich im Laufe der Jahre ereignet. Werden diese nicht zeitnah schriftlich dokumentiert, geraten sie irgendwann in Vergessenheit. Es ist doch wirklich schade darum. Diese musste ich machen, als ich versuchte, die Geschichte langjährig besetzter Storchennistplätze zu recherchieren, so zum Beispiel die Geschichte der Nester in Wiemerstedt oder auch im Hennstedter Ortsteil Horst an der Eider.

Neben der vielfältigen praktischen Storchenschutzarbeit in meinem Betreuungsgebiet habe ich auch begonnen die Pressearbeit selbst in die Hand zu nehmen, da doch häufig von der schreibenden Zunft einfach unzutreffendes mit unter auch aufbauschendes oder aus biologischer Sicht einfach viel falsches geschrieben wurde. Alljährlich fasse ich das Brutergebnis zu einem Jahresbericht zusammen. Die örtliche Presse nimmt die Artikel gerne und veröffentlicht sie auch in aller Regel ungekürzt. Einige Beobachtungen an unserem Storchenhorst möchte ich dennoch besonders erwähnen.

1980: Schon gleich im ersten Jahr nach der erfolgreichen Horstneugründung kam es zu schweren Nestkämpfen. Es war zwar wieder ein beringtes Männchen anwesend, doch mir war zunächst gar nicht aufgefallen, dass die Beringung unten links war. Das links unten mit Helgoland E 5114 wurde von dem unten rechts beringten Männchen Helgoland 4301, unserem männlichen Brutstorch des Jahres 1979 vertrieben, wobei das Gelege zerstört wurde. Leider kam es zu keinem Nachgelege mehr.

1982: Hier gab es eine erwähnenswerte Beobachtung, die ich leider nicht im Bild festgehalten habe, da ich mich zu der Zeit kaum um das Fotografieren gekümmert habe. Ein Landwirt hatte auf seinem Maisacker einen Kaninchenbau mit jungen etwa halbwüchsigen Kaninchen herausgepflügt. Das muss das Männchen Helgoland 4301 mitbekommen haben, als er beim Feldern dem Pflug folgte. Eines der jungen Kaninchen wurde seine Beute. Doch dieser Brocken war offensichtlich um einiges zu groß geraten. Das schon im Schlund sitzende Beutetier konnte der Storch nicht abschlucken aber auch nicht wieder herauswürgen. Ich hatte echt die Befürchtung, Helgoland 4301 würde ersticken. Nach ca. 1 ½ Stunden unermüdlicher Schluckanstrengungen unter oft wirklich quälerischen Verrenkungen hatte er es aber geschafft. Es war schon ein befremdliches Bild, als ziemlich zum Schluss des Schluckvorganges auf jeder Seite neben dem Storchenschnabel der Hinterlauf des Beutekaninchens herausschaute. Das hätte sicherlich ein Top-Foto gegeben.

1983: 1. Viel Aufregung um unseren Horst. Bei Instandhaltungsarbeiten um einige Stützen unter dem jetzt schon ansehnlich angewachsenen Horst anzubringen, kippt die lange noch manuell zu betätigende Leiter der Heider Feuerwehr um. Glücklicherweise kommt dabei niemand zu Schaden. Die Heider Feuerwehr erhielt daraufhin ein sehr teures, schon lange gewünschtes modernes Leiterfahrzeug mit einer 30 Meter Leiter. Die umgestürzte manuelle Leiter war nicht mehr zu reparieren. Die große Drehleiter der Heider Feuerwehr hat in den Folgejahren und bis heute hin unschätzbare Dienste auf ehrenamtliche und unentgeltlicher Basis im Storchenschutz geleistet. Viele Beringungen, Nestreinigungen, Nestneuanlagen oder auch Hilfeleistungen wären sonst nie zustande gekommen.

1983: 2. Unser Storchenpaar ist schon mit der Brut beschäftigt. Da kommt es erneut zu schweren Nestkämpfen. Das Erstgelege wird beim Kampf abgeworfen und landet in einem frisch bearbeiten Erbsenbeet. Das stellte ich allerdings erst 24 Stunden nach dem Kampf fest. In einer Brüterei für Gänseeier schlüpfte nach 4 Wochen ein nur gut 50 Gramm kleines Storchenküken. Dieses Storchenküken wird von dem bekannten Tierarzt Dr. Hansen aus Süderstapel, handaufgezogen, beringt und zieht artgerecht ins Winterquartier ab, während ein gleichzeitig mit aufgewachsener Jungstorch in Bergenhusen bzw. in Süderstapel bleibt, bisher nie Afrika gesehen hat und bis heute Brutstorch in Bergenhusen ist. Über das Storchenküken aus Linden-Pahlkrug berichtete sogar das Hamburger Abendblatt in seiner Ausgabe vom 16. /17. Juni 1983, die Lübecker Nachrichten, Kieler Nachrichten, das Bauernblatt und natürlich die örtliche Presse, Dithmarscher Landeszeitung und Norddeutsche Rundschau.

1984: Umsiedlung unseres Brutmännchens Helgoland 4301 nach Hennstedt-Apeldör. Unser unberingtes an einer leichten Verkrüppelung der linken Zehe erkennbares Weibchen bleibt überwiegend allein. Leider gab es keinen Bruterfolg.

1985: Ein seltener Fall von eindeutig per Ringablesung nachgewiesener Bigamie des Männchens Helgoland 4301, das wiederum in Hennstedt-Apeldör zur Brut schreitet. Als unser Weibchen wieder später in Linden-Pahlkrug eintrifft, paart sich Helgoland 4301 aber auch noch mit seinem "alten" Weibchen, beteiligt sich aber so gut wie gar nicht hier an der Jungenaufzucht. Über diesen Bigamiefall
habe ich ausführlich in der Fachpresse berichtet. Das unberingte Weibchen brütet alleine und drohte mangels Brutablösung zu verhungern. Nach ca. 10 Tagen nimmt sie einen eingerichteten Futterplatz an. Sie verlässt nur für Minuten ihr Gelege um hastig ein paar angebotene Futterfische aus einer flachen Wanne zu verzehren und setzt dann wieder allein ihr Brutgeschäft fort. Nur sporadisch kommt Männchen Helgoland 4301 zu Besuch. 1 Junges wird flügge, von unserer "alleinerziehenden" Störchin und uns per Futtereimer hochgepäppelt. Seit diesem Jahr habe ich die Zufütterung fortgesetzt, da ich als aktiver Angler relativ leicht an die benötigten Futterfische komme. Jetzt ist bereits die 4. Generation Brutstörche bei uns sesshaft geworden und die Praxis der Zufütterung haben sie alle über die Jahre voneinander gelernt. Es hat ihnen und den kräftigen Jungen nie geschadet, alle Jungstörche zogen stets zur regulären Zugzeit ins Winterquartier ab.

1987: Rückkehr des Männchens Helgoland 4301 auf seinen Erstbruthorst bei uns. Auch das langjährige Brutweibchen Helgoland E 4115 aus Hennstedt-Apeldör siedelt nun zu uns nach Linden-Pahlkrug um. Bruterfolg 1987 = 3 Junge.

1989: Der morsche und schon erheblich schief stehende Horstbaum muss entfernt werden. Es besteht akute Umsturzgefahr. Die Schleswag, jetzt E-On-Hanse AG, stellt genau am alten Standort einen Betonmast mit solider Nestplattform auf. Der von mir gebaute neue Horst wird sofort angenommen. Es fliegen 4 Jungstörche aus. Leider stirbt am 7. August 1989 einer der Jungstörche an einen im Prinzip sicheren Strommast nur 150 Meter vom elterlichen Bruthorst entfernt.

1990: Das Brutpaar, Männchen Helgoland 4301 und Weibchen Helgoland E 4115, besetzt den Horst wieder. Wenige Tage vor dem Jungenschlupf dann die Tragödie. Das Weibchen bricht sich das linke Bein, etwa in der Mitte zwischen Intertarsalgelenk und der Fußzehe. Ein grausiger Anblick, das Bein hängt nur noch an der Haut, mit dem Spektiv kann man in den Röhrenknochen des Beines blicken. Den aus 4 Eiern bestehenden Gelege werden 3 Eier entnommen. Die Eier werden einem Ammenpaar im Wildpark Eekholt untergeschoben. Aus allen 3 Eiern schlüpfen Junge, eines stirbt noch, aber 2 werden in Eekholt flügge und ziehen artgerecht ab. Aus dem in unserem Horst verbliebenem Ei schlüpft auch ein Junges. Mehrere Tage können Fütterungen beobachtet werden. Doch vermutlich durch die erhebliche Verletzung / Behinderung des Weibchens wird es wohl todgedrückt worden sein.

1994: Ein seltener guter Bruterfolg. 5 Junge werden in unserem Horst flügge. Nach meinem Kenntnisstand die erste erfolgreiche 5er Brut nach 50 Jahren in Dithmarschen. Doch wiederum fordert die Technik ein Opfer. An einem Strommast direkt an der Hauptstraße, nur 100 Meter vom Horst entfernt, verunglückt einer der Jungstörche. Der Jungstorch überlebt zwar den Stromschlag, hatte aber so schwere Lähmungen der Beine und nach einer Woche verweigerte er auch die Nahrungsaufnahme. Da die Lähmung überhaupt nicht zurückging, musste das Tier leider eingeschläfert werden.

1996: Wenige Tage nach der Ankunft des unberingten Weibchens bleibt dieses plötzlich aus. Sie wird nach einigen Tagen nur rund 400 Meter vom Horst entfernt tot auf der Weide gefunden. Die spätere Untersuchung ergab: Beschuss mit gehacktem Bleischrot, das in der Oberschenkel- und Beinmuskulatur steckte und zum Bleivergiftungstod geführt haben dürfte. Es fand sich sofort wieder ein neues Weibchen ein, doch das Männchen Helgoland 790K "trauerte" offenbar um seine langjährige Partnerin, übrigens die Mutter der Fünflinge aus 1994. Das neue Weibchen wurde 8-10 Tage vom Männchen regelrecht verprügelt und stets auf Abstand zum Horst gehalten. Immer und immer wieder kam sie sogar mit Nistmaterial im Schnabel zum Horst geflogen, wurde aber stets energisch abgewiesen und verfolgt. Nach ca. 10 Tagen gelang es dem Weibchen nach einer Verfolgungsjagd einmal als erste auf dem Horst zu fußen. Von da an wurde sie vom Männchen Helgoland 790K als neue Partnerin akzeptiert. Es kam nun zu Paarungen. Aus der erfolgreichen Brut gingen noch 3 Junge hervor.

2001: Wiederum ein Wechsel des Brutpaares. Helgoland 790K erscheint nicht mehr. Nun sind beide Brutstörche unberingt.

2002: Unser Horst hat mittlerweile einen Durchmesser von 2,70 Meter erreicht und dürfte weit über 1 Tonne wiegen. Nach einer langen Regenperiode stürzt mit lautem dumpfen Knall ein großer Teil des über dem Haltepodest gebauten Nistmaterials ab. Ich dachte zuerst an einen Verkehrsunfall auf der nahen Landstraße. Die zwei noch nicht flüggen Jungen des Jahrgangs 2002 überleben, hockten sie glücklicherweise zum Zeitpunkt des Absturzes im verbliebenen Nestbereich. Gut 4 Zentner Nistmaterial stürzten ab.

2003: Am 10. März 2003 wird der verbliebene immer noch gewaltige "Resthorst" komplett entfernt. Dabei ist der Kern sogar noch durchgefroren und es bereitet doch einige Mühe alles von der Nestplattform zu entfernen. Der von mir gefertigte neue Kunsthorst wird montiert. Schon am 8. März 2003 besetzte ein beringter holländischer Storch, Arnhem 4682 unseren "Resthorst". Er wollte offensichtlich wohl auch bleiben und begann auch das am 10. März 2003 neu aufgebrachte Nest schon auszubauen. Doch er wurde von einem unberingtem Männchen vertrieben. Der Holländer, Arnhem 4682 wurde danach in Kleve sesshaft, zog dort 2003 ein Junges und 2004 zwei Junge auf. In unserem Horst wurden in diesem Jahr zwei Junge flügge.

2004: Eine sehr frühe Ankunft des unberingten Männchens schon am 26. März 2004. Ausgehungert steht er schon gleich am ersten Morgen an seinem ihm vertrauten Futterplatz und nimmt sofort ohne zu zögern das Futter an. Eine ruhige Brutsaison ohne Nestkämpfe schließt sich für das am 5. April 2004 ankommende Weibchen an. Vier Junge werden flügge und erhalten nach Wiedererteilung der Beringungserlaubnis die neuen schwarzen Kunststoff (ELSA) Ringe mit den Nummern 1X847, 1X848, 1X849 und 1X851. Die Jungstörche 1X847 und 1X848 werden am 15. August 2004 bzw. am 19. August 2004 in Eekholt in Storchentrupps, die eine Stärke von bis zu 110 Tieren haben, auf ihrem ersten Herbstzug von Georg Fiedler abgelesen. Jungstorch 1X848 hielt sich vom 15. bis 17. August 2004 in Hitzhusen in der Nähe von Eekholt auf.

2005: Am 08.April steht bei uns der erste Storch im Horst. Zunächst habe ich doch Zweifel, ob es einer unserer vorjährigen Brutstörche ist, denn das angebotene Futter wird erst nach einigen Stunden sehr zögerlich angenommen. Ich hatte Futterfische in einem gebührenden Abstand um den Futtereimer auf dem Boden verteilt, und diese nahm der Storch schließlich-zunächst jedoch recht vorsichtig auf. Der Storch blieb und begann auch  mit einer intensiven Bautätigkeit am Horst. Auch das Verhalten am Futterplatz “normalisierte“ sich zusehends und so war ich nach anfänglichen Zweifeln nun doch ziemlich sicher, das es sich bei diesem Erstankömmling um unser langjähriges unberingtes Brutmännchen handeln musste. Am 12. April sitzt unser Männchen im Horst als zwei Störche das Nest schnurstracks anfliegen, landet einer neben dem immer noch sitzenden Männchen. Der zweite Reisegefährte macht keinerlei Anstalten auf den Horst zu gelangen und muss unverrichteter Dinge weiterziehen. Schon 5 Minuten nach der Ankunft fliegt das Weibchen zum Futtereimer und  stärkt sich. Zwanzig Minuten nach der Ankunft kommt es bereits zur ersten Kopula. Unser bewährtes Vorjahrespaar hat also wieder zusammengefunden. Die sich anschließende Brutzeit verlief ohne nennenswerte Störungen. Unser Paar erbrütete 5 Junge. Das war nach  1994 nun die zweite erfolgreiche  5`er Brut. Wie sich noch herausstellte übrigens die einzige Fünferbrut des Jahres 2005 in Schleswig-Holstein. Als die Jungstörche schließlich  schon eine respektable Größe erreicht hatten, und alle fünf  im Horst standen boten sie den vielen Hobbyfotografen ein willkommenes Motiv. Auch das Fernsehen erschien mit mehreren Teams, so filmte der NDR aus Hamburg die gesamte Beringungsaktion am 01.07.2005. Desweiteren filmten  der Sender RTL und auch der NDR Kiel drehte hier als alle Jungstörche schon flügge waren. Am 02.Juni 2005 zeigten unsere Altstörche ein lang anhaltendes Drohklappern. Es war jedoch kein Fremdstorch am Himmel auszumachen, jedoch reagierten die Altvögel  auf  einen in der Thermik segelnden Seeadler, der nach einer Weile in östlicher Richtung verschwand. Eines Nachmittags wurde ich durch ein heftiges ungewöhnlich lautes Spatzenspektakel- der vielen Untermieter des Horstes – aufmerksam. Was war da denn los?

Ich konnte ein Eichhörnchen beobachten, das systematisch in alle Spatzennester eindrang und dabei sogar in voller Körpergröße in den Unterbau des Storchenhorstes  verschwand und dabei wohl die Spatzeneier und Jungspatzen erbeutete. Das ging fast eine halbe Stunde so, ständig durch das aufgeregte Spatzengeschimpfe begleitet.

Auch kopfüber unter den waagerechten Befestigungsbohlen des Storchenhorstes lief das Eichhörnchen um immer wieder an neue Beute zu gelangen. Jedoch kein einziges Mal machte das Eichhörnchen den Fehler über den Horstrand zu klettern. Der seine fünf Jungen bewachende Altstorch hätte dann wohl seinerseits das Eichhörnchen als Beutetier betrachtet.  so aber nahm der Altstorch praktisch keine Notiz von dem emsigen  lärmbegleitenden Treiben in seinem Horstunterbau. Einige spektakuläre Fotos der Eichhörnchenaktion konnte ich schießen.

Gespannt war ich nun wie das Tier wohl wieder herunterkommen würde? Das ging jedoch erstaunlich schnell. Das Eichhörnchen lief wieder unter den waagerechten  Befestigungsbohlen entlang und ließ sich ca. 4- 5 Meter in die Krone eines  unter dem  Mastnest stehenden Pflaumenbaumes fallen und verschwand dann eilends.

Am 26.Juni 2005 hatte der erste der Fünflinge seinen Jungfernflug absolviert und am Folgetag traute sich auch schon der Zweite, die anderen drei der Brut hatten bis zum Abend  des 27.Juni definitiv den Horst noch nie verlassen gehabt.

Gegen 19.00 Uhr flog parallel zur Landesstraße der riesige grüne Heißluftballon einer Supermarktkette (Fa. Wandmaker)  nur ca.50 Meter vom Horst in sehr geringer Höhe vorbei.

Als ich zum Nest schaute musste ich feststellen, dass  alle fünf Jungen vom Nest runter waren. Auch die Drei, die noch nie geflogen waren, müssen sich vor dem Ballonungetüm und wohl vor allem den Geräuschen des Brenners wohl so erschrocken haben, und dadurch sicherlich unfreiwillig zu ihrem ersten Flug gestartet sein. Wie ich aber erfreut feststellen konnte, liefen alle Fünf  wohlbehalten in ca. 100 Meter vom Horst entfernt auf einer Koppel.

Die fünf starten nacheinander und nach mehreren recht tollpatschig wirkenden Landeanflügen sind schließlich vier Jungstörche wieder im Nest. Aber wo ist Jungstorch Nr. 5  ? Bis zur einbrechenden Dunkelheit suche ich die ganze Umgebung ab um den Verschollenen zu finden und um ihn ggf. aus einer misslichen Lage zu befreien. Doch alles vergebens, er blieb verschwunden. Was könnte ihm passiert sein? Ich vermutete Drahtanflug an Weidezaun, Absturz bzw. hängen- bleiben in hohen Bäumen oder auch Notlandung in einem der vielen Maisfelder. Am 28.Juni sah ich jedoch zu meiner Freude einen beringten Jungstorch gut 400 – 500  Meter vom Nest entfernt nahrungssuchend auf einer Weide. Es musste der Verschollene des Vorabends sein, denn die vier Nestgeschwister waren alle im Nest. Am Abend schließlich hatte er es wieder nach Hause geschafft, alle Fünf waren wieder unbeschadet im elterlichen Horst. Unsere Jungstörche erhielten die Elsa-Ringe: 2 X 807,   2X808,   2X 809,   2x810 ,  und 2X 811. Die Altstörche fütterten ihre große Jungenschar nach dem Ausfliegen sehr  oft  auf  der Wiese. Auch hatten die Jungen dieses Jahrgangs schnell die Bedeutung des Futterplatzes erkannt und ca. 14 Tage lang  nahmen sie auch über den Zaun zugeworfenes Futter gierig auf.

Am 14.August konnte ich die letzte Fütterung durch die Altstörche beobachten. Der 17.August war für die fünf Jungen der Abreisetag ins Winterquartier. Beide Altstörche begannen den Zug am 24.August 2005. Von zwei Jungstörchen des Jahrgangs 2005 lagen schon im folgenden Frühjahr lebend Nachweise vor. 2X807 hielt sich als Durchzügler  am  08.06.2006 in Hitzacker an der Elbe auf. 2X808 kam ebenfalls als Durchzügler am 30.04.2006 in Ungewandten / Brandenburg und am 25.05.2006 in Beuster /Sachsen-Anhalt zum Nachweis. Diese beiden Jungstörche waren also schon als einjährige in ca. 170   bis  220 km  Entfernung in Richtung  ihres Geburtshorstes gezogen.

Der Jungstorch 2X 808 kam auch wieder 2007  in die Nähe seines elterlichen Horstes. Er wurde  in einem Trupp von Nichtbrütern auf dem Erfderdamm  an seinem Ring erkannt.

Zu meiner großen Freude siedelte  sich der Storch 2X 808 im Jahre 2008 mit einer unberingten Partnerin in Schlichting/Dithmarschen an. Allerdings blieb das neuangesiedelte Paar ohne Bruterfolg, da die Ansiedlung erst Anfang Mai 2008 erfolgte. Erwähnenswert ist  das  offensichtlich gute Erinnerungsvermögen dieses Storches an seine Jugendzeit. Auf  in die Weide geworfene Futterfische reagierte er sofort und nahm diese in der im Frühjahr 2008 herrschenden extremen Trockenheit sofort gierig an.

2006: Wie jedes Jahr war bei unserem Horst die Reinigung und Nestdrainage (alles in allem „Horstinspektion“) unter Mithilfe des Hubsteigers des Energieversorgers E-ON-Hanse vorgesehen. Dafür war in diesem Jahr der 29.März um 12.30 Uhr geplant. Ich hatte ein paar Minuten vorher schon für das Fahrzeug das Tor der Koppeleinfahrt geöffnet, als ich bei dem nasskalten, regnerischen Wetter plötzlich einen ziemlich schmuddelig wirkenden Storch im Nest stehend erblicke. Jetzt unterlasse ich selbstverständlich erst einmal die geplante Aktion und inspiziere im Laufe des Nachmittags fünf weitere Horste in meinem Betreuungsgebiet und richte diese alljährlich besetzten Bruthorste für die kommende Brutsaison her. Nach der Heimkehr am frühen Abend ist der Storch immer noch da, baut sogar schon am Horst. Auch die mittags eilig ausgelegten Futterfische wurden offenbar aufgenommen. Da der Storch keinerlei Scheu zeigt, bin ich mir heute schon ziemlich sicher, dass es sich bei dem

Erstankömmling um unser bewährtes Brutmännchen der Vorjahre handelt. Auffällig ist in diesem Jahr die graue Färbung des weißen Gefieders. Der Storch sieht echt schmutzig und  unansehnlich aus. Die Graufärbung des weißen Gefieders fiel mir auch schon im Jahre 2005 auf, allerdings war sie seinerzeit nicht so ausgeprägt wie in diesem Frühjahr. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich bei dieser Grauverfärbung um die Folgen  von Rußverfärbung durch Qualm/Rauchwolken  wie sie auf  offenen  Müllplätzen bekanntermaßen  vorkommen. Offenbar überwintert unser Männchen zumindest teilweise wohl auf Müllplätzen, ob nun in Spanien (Westzieher??) oder im nahen Osten (Ostzieher??) sei einmal dahingestellt. Eine Klärung wird ohnehin nicht möglich sein, da unser Brutpaar unberingt ist. Schon am Abend seines Ankunfttages wird unser Männchen von einem Fremdstorch mehrfach attackiert. Aber er verteidigt seinen Horst erfolgreich und vertreibt schließlich den Fremdstorch. Am 01. April ist  auch unser Weibchen eingetroffen. Nun ist der krasse Farbunterschied des weißen Gefieders bei dem im Horst stehenden Paar sehr gut zu sehen. Das Männchen rußverfärbt und das Weibchen strahlend weiß. Erst gegen Ende des Storchensommers, so gegen Ende Juli / August ist auch des Gefieder des Männchens wieder einigermaßen sauber, wenngleich der Farbunterschied Männchen/Weibchen immer noch –wenn auch nicht so kontrastreich wie im Frühjahr bei der Ankunft – noch vorliegt. Am 11.Mai 2006 kommt es in den späten Abendstunden, fast schon bei Dunkelheit, zu einem erbitterten  heftigen Storchenkampf. Ein Fremdstorch greift mehrfach unser Paar an und landet immer wieder im Nest. Es gelingt dem Eindringling sogar das brütende Weibchen vom Gelege zu vertreiben. Alle drei kämpfenden Störche stürzen dabei mehrfach aus dem Nest und bei dem Getümmel fliegt auch reichlich Nistmaterial herunter. Bei mehreren Anflügen kann der Fremdstorch aber gottlob nicht direkt neben dem Gelege landen. Trotzdem  befürchte ich aber bei dem Kampfgetümmel mit sechs trampelnden Storchenfüßen, dass das Gelege dabei wohl zerstört worden ist. Dieser Kampf  fand  höchstens 3- 4 Tage  vor dem errechneten Schlupffermin der Jungen statt. Die Erregungsphase nach dem heftig geführten Kampf legte sich nach ca. 20 Minuten. Das Weibchen nahm offensichtlich auch die weitere Bebrütung des Geleges auf. Ob das aber nur eine Art “Übersprunghandlung“ war ? Mein Eindruck war, so  grausam wie es dort oben im Horst zugegangen war, dort kann vom Gelege eigentlich nichts mehr heil geblieben sein. Auch am nächsten Tag  saßen die Störche wie weiter brütend im Horst. Eier oder Eischalen fanden sich weder am Horstrand noch unter dem Mastnest. Sollte das Gelege wie durch ein Wunder doch heil geblieben sein ? Ja –das  Wunder trat tatsächlich ein. Am 17.05.2006 konnte ich die erste Fütterung der Jungen beobachten. Vier gesunde kräftige Jungstörche wuchsen problemlos heran und wurden am 29.Juni 2006  von mir mit Elsa-Ringen beringt. Sie erhielten die Ring-Nummern:: 2X816, 2X817,2X818 und  2X819. Am 06.August 2006 als schon zwei unserer vier Jungstörche ihren Zug vielleicht schon begonnen hatten, stand der Jungstorch mit der Ring Nummer 2X831 bei uns im Nest und wurde von beiden Altstörchen kurzzeitig geduldet. Diesen Jungstorch hatte ich selbst in Hennstedt-Horst (Ortsteil Horst) beringt. Er schloss sich unseren Jungstörchen an und durfte aber nur auf der Sirene des Nachbarhauses übernachten. Immer wieder hatte er bei der abendlichen Rückkehr zum Horst versucht, mit in das Nest zu gelangen. Aber alle Versuche vereitelten die Altstörche, und so blieb ihm nur die Sirene des Nachbarhauses als Übernachtungsgelegenheit. Tagsüber aber durfte er zusammen mit unseren Jungstörchen auf Nahrungssuche gehen. Das ging so etwa acht Tage lang. Am 09.August  2006 dann ein völlig ungewohntes Bild. Gleich 23 Jungstörche hatten sich auf der Koppel 100 Meter hinter unserem Horst versammelt. Der große Schwarm hielt sich nur ca. eine halbe Stunde hier auf. Die Ringablesungen ergaben, dass unsere vier Jungstörche dabei waren, sowie Jungstörche aus Pahlen, Wiemerstedt, Hennstedt-Horst, Bergenhusen und aus St.Peter-Ording. Auch in der Ortschaft Wiemerstedt hielten sich über mehrere Tage bis zu 15 Störche auf. Ein Teil der Ringträger des 23 Tiere umfassenden Trupps in Pahlkrug konnte noch mehrere Tage später in Wiemerstedt erneut nachgewiesen werden. Dort in Wiemerstedt hielt sich die Zuggruppe noch bis 22.August auf, darunter auch unser Jungstorch 2X819.

Erst am 22.August  begannen unsere Jungstörche des Jahrgangs 2006 ihren ersten Herbstzug und auch der Abzug des größten Teils der Wiemerstedter Ansammlung war zur großen Reise aufgebrochen. Unsere Altstörche verabschiedeten sich dann auch am 26.August. Die Storchensaison  2006 war nach all den Turbulenzen damit zu  Ende.

2007: Am 26.März abends nach 19.00 Uhr ist der erste Storch auf dem Horst zu erblicken. Er ist wiederrum überhaupt nicht scheu und den angebotenen Futterplatz besucht er wie selbstverständlich schon am Morgen des nächsten Tages. Schon erstaunlich das so ein Tier nach 7-monatiger Abwesenheit und vermutlich tausenden Kilometern Zugstrecke zielsicher seinen Bruthorst anfliegt und sofort seinen vorjährigen Futterplatz wieder zu nutzen weiß. Für uns das sicherste Zeichen, dass “unser“ Storch wieder alle Gefahren des Zuges heil überstanden hat. Auch seine – schon aus den Vorjahren bekannte Rußverfärbung des Gefieders –liegt wieder vor. Vielleicht auch ein Hinweis, dass dieser Storch möglicherweise immer den gleichen Überwinterungsplatz aufsucht. Schon am nächsten Tag, dem 27.März 2007 trifft das Weibchen ein. Sie nutzt ebenfalls sofort den Futterplatz. Kaum 15 Minuten nach ihrer Ankunft kommt es zur ersten Kopula, weitere drei Paarungen folgen noch am Ankunftsabend. Den Brutbeginn bei unserem Paar notiere ich für den 05.April 2007. Die Brutzeit verläuft ruhig, ohne Kämpfe beziehungsweise nennenswert störende Fremdstörche. Diverse Fremdstörche, einzeln oder auch paarweise, umfliegen zwar recht häufig den Horst, aber es kommt zu keinen Auseinandersetzungen. Am 08.Juni 2007 besucht ein Fremdstorch den Futterplatz. Er erhascht zwar eilig einige Futterbrocken wird aber innerhalb kürzester Zeit energisch von unserem Männchen vertrieben. Am 13.Juni 2007 kann ich erneut eine Viererbrut beringen. Die Jungstörche erhalten die Elsa Ringe 3X905,  3X906,   3X907,  und  3X908. Schon am 20.Juli 2007 waren alle vier flügge.

Am 20.Juli 2007 bewachte das Weibchen die gerade Tage flüggen Jungen. Ein vorwitziger, unvorsichtiger Spatz flatterte vor ihr in Schnabelhöhe umher. Plötzlich ein ganz komisches Gekreische, wie ein Todesschrei. Alles ging blitzschnell. Die Störchin hatte zugeschnappt, den Spatz, der um sein Leben schrie erbeutet. Sie warf ihr Beutetier in die Luft, fing ihn sicher wieder auf und verschluckte den Spatz in Sekundenschnelle. Einer der Jungstörche versuchte noch die Beute von der Störchin zu erhaschen. Aber alles ging so schnell, er kam nicht zum Zuge. Ich glaube selbst bei einer bereits ausjustieren Kamera hätte ein Fotograf hier nicht schnell genug reagieren können um so etwas einmal im Bild festzuhalten. Der erste Herbstzug der Jungen verlief in diesem Jahr etwas ungewöhnlich. Am 09.August 2007 meinte ich der Herbstzug hätte begonnen, alle waren fort. Aber schon am 13.August waren wieder drei der Nestgeschwister zurück und blieben noch bis zum 16.August. Die drei Rückkehrer wurden auch wieder von den Alten gefüttert. Dann am 17.August war wieder ein Jungstorch, und zwar 3X905 im elterlichen Horst. Dieser Jungstorch verschwand mehrfach tageweise kam aber  auch diverse Male immer alleine wieder zum Geburtsnest zurück. Den Futterplatz wusste er geschickt zu nutzen, obwohl die Fütterung der Alttiere nur noch sporadisch erfolgte, bekam er es immer zu Recht auch für sich noch einen Futterfisch zu ergattern. Sobald er einen der Altvögel erblickte konnte er sehr ausdauernd und herzzerreißend um Futter betteln, erhielt jedoch von den Altstörchen kaum noch etwas.
Das ging so bis zum 23.August 2007, dann hatte auch Jungstorch 3X905 seinen Zug begonnen. Einem unserer Jungstörche –nämlich 3X908 – war nur ein kurzes Leben vergönnt. Schon am 25.September 2007 erlitt er nach einem Zugweg von 820 Kilometern in St.Romain le Preux in Frankreich >(Koordinaten Lat.47,93333,Long 3,23333 ) einen tödlichen Stromschlag. Sein tragischer Tod /Fundort auf der Westroute, mag vielleicht ein Hinweis darauf sein, das unser Brutpaar auch zu den Westziehern gehört. Weiter spricht auch das  relativ frühe Eintreffen der Brutvögel in der letzten Märzdekade für einen Zug auf der Westroute. In 2007 konnten wir auch zum ersten Mal registrieren, dass unsere Störche Tag auf Tag ankamen. Das hatten wir in  den 28 Jahren seit dem unser Horst durchgängig besetzt ist, auch noch nie erlebt. Man kann schon fast sagen termingerecht zum 26.August 2007 setzten die Altvögel  zur großen Reise an. Wieder war ein schönes Storchenjahr zu Ende.

2008: Am 28.März beginnt in diesem Jahr die Storchensaison auf unserem Horst. Schon morgens um 7.45 Uhr steht ein Storch  im Horst. Er  macht einen ganz vertrauten Eindruck und packt einige Zweige hin und her. Um 11.00 Uhr erscheint ein zweiter Storch in der Luft über dem Horst, der jedoch vom Nestbesetzer nicht geduldet wird. Es schien lediglich ein Durchzügler gewesen zu sein. Die auf dem Futterplatz angebotenen  Futterfische werden umgehend wieder angenommen. Dem ganzen Verhalten nach, ist offenbar wieder das unberingte Männchen zu seinem Bruthorst zurückgekehrt. Dafür spricht nicht nur das vertraute Verhalten, sondern auch der fast Taggleiche Rückkehrtermin sowie die schon aus den Jahren zuvor bekannte charakteristische Graufärbung des weißen Gefieders. Unser Quartiermacher bleibt nicht lange alleine. Schon am 30.März 2008  gegen Abend erscheint sein Weibchen auf dem Horst. Kaum eingetroffen kommt es schon am Ankunftstag zu mehreren Paarungen. Auch das (Vorjahres)-Weibchen nutzt sofort die Segnungen des ihr wohlbekannten Futterplatzes. Jedes Jahr ist anders und immer gibt es  eigentlich etwas was man so bisher noch nicht erlebt hat. So auch bei der Beschickung des Futterplatzes mit braunen bzw. schwarzen Eintagsküken. Die Altstörche hatten in den Vorjahren immer bedenkenlos —allerdings gelbe Eintagsküken- gefressen. Obwohl die dunkel gefärbten Eintagsküken doch in ihrer Färbung eher der natürlichen Nahrung glichen, wurden diese verschmäht und nicht abgeschluckt. Legte man dagegen die gelben Küken (“ Osterküken“) aus, wurden diese offenbar sofort und gierig abgeschluckt. Eine ruhige Brutzeit, zwar mit häufigem Auftreten einzelner und paarweiser Fremdstörche, aber ohne Storchenkämpfe, schließt sich an. Allerdings scheinen die Störche mit der Statik es Nestes so ihre eigenen Vorstellungen zu haben. Die Bebrütung des Geleges spielte sich auf dem zur Hof/Straßenseite hin gelegenen Nestbereichs ab. Beide Partner trugen ungewöhnlich viele Äste als Baumaterial ein, manchen Tag wohl mehr als fünfzehn bis zwanzig Zweige. Es entstand ein ein relativ großer und gut erkennbarer Jahresring, der  über den Nestrand zur Hofseite hin mächtig ausgebaut wurde. Von der anderen Seite – vom Futterplatz aus gesehen – war das ganz deutlich zu sehen. Es war ganz offensichtlich so, dass die Störche die Grundfläche ihres Nestes zur einen Seite hin verschoben hatten. Also quasi ein Nest ins Nest gebaut hatten. Die Bilder anlässlich der Beringung dokumentieren  dieses etwas ungewöhnliche Bauverhalten des Jahres 2008 eindrucksvoll. Am 10.Mai 2008 sind erste Fütterungen durch die Altstörche festzustellen. Im Zeitraum vom 11.Mai bis 22.Mai gelingt es noch nicht die Anzahl der Jungen zweifelsfrei festzustellen. Zunächst stelle ich zwei fest, dann nach mehreren Tagen auch einen Dritten. Ab 22.Mai  bin ich mir ziemlich sicher, dass wieder vier Jungstörche heranwachsen. Im Beisein von Frau Katrin Gänsler von der Dithmarscher Landeszeitung und wieder mit dem bewährten Einsatz des Hubsteigers der E-On Hanse (Energieversorger) werden am 18.Juni vier prächtige gesunde  Jungstörche mit den sogenannten ELSA Ringen der Vogelwarte Helgoland beringt. Die Jungstörche 2008 erhalten ihren “Personalausweis“ mit den Nummern DEW 3X928   DEW 3X929 DEW 5X051 und DEW 5X052. Der Jungstorch 5X052 weist im Stirnbereich mehrere graue Federn auf. Das fällt gegenüber seinen Nestgeschwistern richtig ins Auge. Es handelte sich definitiv nicht um eine Verschmutzung sondern tatsächlich um eine etwas ungewöhnliche Gefiederfärbung. Diese Verfärbung ist auch auf Fotos von der Beringung erkennbar. Auch nach dem Flüggewerden war der markante Farbunterschied des Stirngefieders bei diesem Jungstorch immer eindeutig erkennbar, man brauchte den Ring gar nicht abzulesen. Vielleicht  ist dieser Storch, sollte er irgendwann als Brutstorch einmal zum Nachweis kommen, auch hieran noch –oder wieder- erkennbar. Am 03.Juli 2008 ist ein Filmteam(3 Mitarbeiter) des Norddeutschen Rundfunks /NDR III  bei uns zu Gast. Da die bereits beringten Jungen schon eine beachtliche Größe erreicht Haben, wird aus sicherem Abstand, um ein Abspringen der Jungstörche zu vermeiden, per E-On Hubsteiger in den Horst hinein gefilmt. Es ist an diesem Tag sehr heiß und dem Filmteam gelingen schöne  Aufnahmen. Unter anderem auch das ausgiebige Tränken der Jungen durch das Storchenmännchen. Die Filmaufnahmen an unserem Horst und die weitere Teilnahme des NDR Teams bei Beringungen an anderen Niststandorten dauern über sechs Stunden. Heraus kam dann allerdings nur eine reine Sendezeit von 3 Minuten und 20 Sekunden, worüber nicht nur ich sondern auch andere Teilnehmer und Zuschauer bei den Beringungen dann doch etwas enttäuscht waren.

Eine Besonderheit dann am 16.Juli 2008. Alle vier Jungstörche wurden an einem Tag flügge. Auch das habe ich in den 29 Jahren seit Bestehen unseres  Horstes noch nie erlebt. Der Nachwuchs 2008 hatte eine an sich ungewöhnlich lange Zeit für ein ausgedehntes Flugtraining. Mehrfach schloss sich Ihnen ein weiterer Jungstorch –vermutlich wohl des nahegelegenen Glüsinger Horstes – an. Ein sehr schönes Bild, wie die Fünf oft über Pahlkrug kreisten und segelten, bis sie nur noch als kleine Punkte im Himmelsblau überhaupt noch zu erkennen waren. Erst am 15.August 2008 bei herrlichstem Zugwetter traten alle zusammen ihren ersten Herbstzug an. Überhaupt schien dieser 15.August für die Störche ein großer Abreisetag gewesen zu sein. Auch im Wildpark Eekholt, in dem ich tags zuvor noch einen Trupp von 65 Vögeln feststellen konnte, hatten sich rund 50 Störche auf die Reise begeben. Nach dem Abzug der Jungen kopulierten die Altstörche wieder mehrfach auf dem Horst. Sie ruhten sich nach den Strapazen der langen Jungenaufzucht aus, und ließen  es sich vor ihrer großen Reise auch am Futterplatz noch mal richtig gut gehen. Am 28.August traten sie gemeinsam die Herbstreise an. Abschließend leider wiederrum eine traurige Meldung. Der Jungstorch 1X849, vom Jahrgang 2004, von dem bis Dato keine Ablese- oder Wiederfunddaten vorlagen, verunglückte  tödlich an einer 380 KV Überlandleitung  bei Jalm in der Nähe von Tarp. Mit dem vermutlichen Eintritt der Brutreife war er wohl im Frühjahr 2008 offensichtlich auf Nest und Partnersuche. Schade um dieses Tier, das am 22.April 2008  nur 43 Kilometer von seinem Geburtsnest entfernt leider tödlich verunglückte.

2009: Ein kleines Vorwort:

Zum 31. Male in seiner Geschichte ist nun unser Storchenhorst in ununterbrochener Reihenfolge von Brutstörchen besetzt worden.

Nie hatten wir unseren Störchen bisher Namen gegeben.Doch die geglückte erfolgreiche Besenderung des Männchens  „H o b o r „ machte dies wegen der

Internetveröffentlichungen das NABU erforderlich. „“Hobor „“ ist der plattdeutsche Name in der Landschaft Dithmarschen für den Weißstorch,deshalb entschieden  wir uns eben gerade für diesen Namen, den ich im folgenden Artikel dann für unser Brutmännchen verwenden werde.

 

Eine Kurzübersicht der in dieser Arbeit angesprochenen Ereignisse:

n  Gemeinsame Ankunft des  Brutpaares am 01.04.2009—

n  Weibchen auf Abwegen? Ungewöhnliches  Verhalten mitten in Brutzeit—

n  Hobor  attakiert einen Seeadler in der Luft—

n  Großes Nestbaumaterial und langerNahrungsbrocken/Ringelnatter—

n  Abzug und Wiederkehr eines Jungen nach Zugbeginn—

n  Auflösung der Familenbande Stück für Stück—

n  Männchen erhält Namen „Hobor“ und Elsa Ring DEW 5X055—

n  Auch „Hobor „ kehrt vor dem Zug noch einmal zum Horst zurück—

n  Senderstorch „Hobor“ ist ein Ostzieher,erreicht nach 16 Tagen Afrika—

n  Sein Reiseweg 2009 auf dem Herbstzug/ www.nabu.de--

 

Der gelegentliche Beobachter, der sich an Störchen bzw. einem Storchennest erfreut, wird die Meinung äußern,dass es in einem Storchenjahr eigentlich nicht

viel  Neues geben kann.Jedoch kommen bei intensiver Beobachtung doch so einige Ungewöhnlichkeiten im Verhalten der Tiere ans Tageslicht.

Jeder Horstbesitzer kennt seine treuen Hausgenossen sicherlich am Besten und kann viel interessantes berichten..

Auch für unseren Horst in Linden-Pahlkrug(Schleswig-Holstein) gilt das und wie die obige grobe Inhaltsangabe schon vermuten lässt, tat sich auch in 2009 so einiges.

Wir hatten schon so einige Tage so ab dem 26/27.03.2009 neugierig Ausschau gehalten,weil in den Jahren zuvor stets ab diesen Daten der erste Storch schon auf unserem Nest war. Auch von einigen Nestern der näheren Umgebung so in

Pahlen und Heide-Süderholm waren erste Ankömmlinge bereits gemeldet worden. Doch bis zum späten Nachmittag des 01.04.2009 hatte sich an unseren Horst noch überhaupt nichts getan.

Dann kam – wir tranken gerade eine Tasse Kaffee—der Anruf von einem Aussiedlerhof mit der Frage ob wir denn schon Störche hätten ?

Der Anrufer hatte nämlich gerade zwei Störche aus Richtung Rederstall / Barkenholm kommend, direkt in Richtung auf unseren Horst fliegen gesehen. Anmerkung: Die Gegend Rederstall / Barkenholm ist das Nahrungsrevier von Hobor.

Ich eile sofort hinaus und bekomme fast einen Schreck. Zwei Störche stehen einträchtig im Horst. Wie sich sehr schnell in den nächsten Stunden herausstellt handelt es sich um unser bewährtes Brutpaar.

Schon in den ersten Stunden nach der Ankunft kommt es zu diversen Paarungen.

Hobor beginnt auch sofort mit dem Horstausbau, rückt Zweige am Horstrand zurecht, schafft  neue Zweige und auch weiches Nistmaterial heran. Das Paar  hält sich fast den ganzen Tag am Horst auf und nutzt gelegentlich den schon aus

den Vorjahren bekannten Futterplatz.

Ab ca, 8/9.04.2009 beginnt das Brutgeschäft, denn im Horst sitzt ab jetzt immer

ein Storch brütend, bzw. das Wenden des Geleges ist eindeutig zu erkennen.

 

Am Abend des 20.04.2009 mache ich mir große Sorgen. Das Weibchen kommt zur Nacht  n i c h t  an den Bruthorst zurück. Könnte ihr womöglich etwas schlimmes passiert sein ??? Erst am nächsten Tag gegen 12.00 Uhr ist sie wieder

wohlbehalten da und beteiligt sich dann normal am weiteren Brutgeschäft. Auch  die nächsten beiden Nächte bleibt sie hier am Horst aus.

Hobor jedoch hat sehr lange Brutphasen, brütet oft 16-20 Stunden ohne Ablösung  am Stück, bis dann das Weibchen wieder am Horst erscheint—um sich dann als sei nichts gewesen, wieder an der Brut zu beteiligen.

In den Nächten 20.4/21.4/22.04/27.4.//28.4.//28.4.//30.4.//01.5.// 05.5.//und 07.5.//   f e h l t e !!!! das Weibchen Nachts am Horst.

Die Nächte vom 23.4.//24.4.//25.4.//26.4.// 29.4.//02.5.//03.5.//04.5.//06.05.//08.05.//09.05.//10.05.// ist das Weibchen allerdings hier im Horst.

Erst ab 11/12.05.2009 verhält sich das Weibchen wieder normal. Offensichtlich sind nämlich jetzt die Jungen geschlüpft. Erste Fütterungen durch Hobor kann ich ab 11.05.2009 feststellen und auch das Weibchen füttert ab dem 12.05.2009.

Sie bleibt jetzt auch Nachts an ihrem Bruthorst. Ich konnte leider nicht herausfinden wo sich unser Weibchen während der „Fehlzeiten“ aufhielt.

 

Aber jetzt kommt der Ringstorch  DEW 3X 451 ins Spiel.

Dieser Storch –der Größe nach zu urteilen offensichtlich ein Männchen—wurde in 2006 nestjung in Seeth / Kreis Nordfriesland von Jörg Heyna beringt. Möglicherweise hat das rätselhafte Verhalten unseres Weibchens etwas mit dem Auftauchen des 3X451 zu tun gehabt. 

 

Schon am 01.05.2009 konnte ich ihn als harmlosen Störstorch auf der Sirene unseres Nachbarhauses ablesen.

Am 07.05.//08.05.// und 11.05.// ist 3X451 ständig bei uns in Horstnähe, läuft sogar in der Hauskoppel und folgt unserem Weibchen auf Schritt und Tritt immer mit nur ein paar Metern Abstand. Auch folgt er dem Weibchen bis direkt an den Futterplatz. Ich kann allerdings kein einziges Mal beobachten, dass er Futter annahm. Wenn 3X451 in Horstnähe in den Koppeln lief klapperte er flügelpumpend unser Weibchen an, folgte ihr wie gesagt auf Schritt und Tritt, hing  bei ihr sozusagen förmlich wie am Schürzenzipfel um es einmal bildlich auszudrücken. Wenn sie aufflog folgte er ihr.Gemeinsam wurde unser Bruthorst oft und lange umkreist, aber kein einziges Mal machte 3X451 ernsthafte Anstalten auf unserem Horst zu landen. Eigenartig war auch, das der dann brütende Hobor praktisch überhaupt nicht reagierte, nicht mal ein Drohgeklapper stimmte er an.

Am 08.05.2009 versuchen Nilgänse auf dem Horst zu landen. Auch das Weibchen ist da und vereitelt gemeinsam mit Hobor das Vorhaben der Gänse. Als dann auch noch 3X451 erscheint wird er auch gemeinsam abgewehrt und erscheint an diesem Tag dann nicht mehr.

Am 11.05.2009  spitzt sich die Lage dann dramatisch zu. Es erscheinen 3 Störche in großer Höhe über dem Horst. Zwei der Störche bekämpfen sich schon in der Luft. Die drei landen in der Wiese neben dem Horst, während Hobor wie in den Tagen zuvor wieder einmal eine sehr lange Brutschicht absolviert.

Über mehrere Stunden jagen sich die drei Störche, zwei unberingte und ein beringter ständig gegenseitig, landen aber immer wieder in der gleichen Wiese.

Der eine, kleinere unberingte, verjagt schließlich den anderen unberingten. Der beringte –es ist wieder 3X451—klappert schließlich, die verbliebene unberingte(wie sich rausstellte unser Weibchen) an und das schon beschriebene „Paarlaufen“ fand wieder statt. Nach diversen Umkreisungen unseres Nestes steht 3X451 wieder auf der Sirene des Nachbarhauses wird jetzt aber mehrfach von unserem Weibchen von dort vertrieben.

Nur noch einmal am 16.05.2009 nächtigt unser Weibchen nicht hier. Ob die  nächtliche Abwesenheit des Weibchens vom Bruthorst möglicherweise mit dem häufigen Auftreten von 5 - 9 Nichtbrütern bei uns in der näheren Umgebung zu tun hatte, darüber kann man nur spekulieren.

Der hartnäckige 3X451-erst dreijährig—wurde immer ohne Partner  am 19.05.2009 in Wittbek / Kreis Nordfriesland,am 08.06.2009 in Fresendelf bei Schwabstedt / Kreis Nordfriesland, sowie am  18.08.2009 und am 09.09.2009 in Delve / Kreis Dithmarschen abgelesen. Schon im Jahre 2007 wurde er auch in Medina/Sidonia, Spanien, nachgewiesen, ist also ein Westzieher.

 

In 2009 konnten wieder mehrfach Seeadler in geringer Höhe kreisend über dem

Horst beobachtet werden. So am 20.04.2009, am 30.04.2009, und am 05.08.2009 jeweils ein Exemplar. Am 21.05.2009 sogar zwei Seeadler, in großer Höhe,auf die die Störche aber auch wie auf Fremdstörche reagierten.

Am 30.04.2009 werde ich durch anhaltendes Drohgeklapper des brütenden Storches aufmerksam. Über dem Horst kreiste wieder ein Seeadler und ca. 30 Meter über dem Adler ein Storch. Plötzlich stürzte sich der Storch von oben im

Sturzflug auf den kreisenden Adler und versuchte diesen in der Luft zu attackieren. Die Angriffe des Storches wiederholten sich noch 3 - 4 Mal. Alles ging so unheimlich schnell und der Vorgang faszinierte natürlich auch – so dass ich das leider nicht im Foto festhalten konnte.

Wie sich dann nach der Landung des Storches auf dem Horst herausstellte, war es unser Hobor, der den kreisenden Seeadler durch seine Attacken letztendlich aus dem Horstbereich vertrieb. Nach meinen Feststellungen reagieren brütende

Störche auf in der Thermik segelnde Seeadler mit Drohgeklapper und intensivem Flügelpumpen, genauso als wollten sie einen fremden Artgenossen

vertreiben

Am 18.05.2009 finde ich direkt unter dem Horst eine 65 cm lange Ringelnatter. Deutlich sind an der Ringelnatter die Stichverletzungen des Storchenschnabels erkennbar. Ich lege  diesen langen Nahrungsbrocken am Futterplatz mit aus und später frisst das Weibchen die Ringelnatter ohne Probleme. Man wundert sich wie schnell eine Schlange dieser Größe im Storchenschlund/hals verschwinden kann bzw. abgeschluckt wird.

Mit welchen Maßen sich die Störche so beschäftigen kann ich ein paar Tage später feststellen. Ein gut daumendicker und 1,45 Meter !!! langer Zweig des Nistmaterials liegt unter dem Horst. Ganz offensichtlich war dieses Bauteil wohl

zu lang und sperrig für den Nesteinbau und fiel dann schließlich herunter.

 

Seit Mitte Mai war ich ständig von 3 Jungen im Horst ausgegangen, die ich an mehreren Tagen nach längeren Beobachtungsphasen per Spektiv erkennen konnte. Bei einer Sichtkontrolle am 03.06.2009  dann doch die große Überraschung – ich kann jetzt ganz eindeutig 4  !!!! putzmuntere Küken feststellen. Ab dem 04.06.2009 werden die Jungen auch von den Eltern schon alleine gelassen.

Am 09.06.2009 erhalten die Jungen Elsa Ringe der Vogelwarte Helgoland. Die

Nummern lauten: DEW 3X945, 3X946, 5X053 und 5X 054.

Der 11.06.2009 ist der große Regentag in Schleswig-Holstein. Es regnet den ganzen Tag fast ununterbrochen so an die 12- 14 Stunden. Dabei fallen-örtlich unterschiedlich—50 bis 70 Liter Regen auf den Quadratmeter. Außerdem herrschte noch  ein ziemlich kalter Wind.

Wie sich später herausstellen wird, verenden zwischen 35- 50% aller

Storchenküken nach diesem unbarmherzigen Regentag.

 

Obwohl die Jungen schon eine beachliche Größe erreicht haben, sie waren ja immerhin schon beringt, haben beide Altstörche sie den ganzen Tag gehudert.

Wir hatten angesichts der Wetterlage die schlimmsten Befürchtungen und stellten uns die Frage-werden die vier das wohl überlebt haben ??

Hobor wird Senderstorch

Der  01.07.2009 ist in der Geschichte unseres Storchenhorstes ein denkwürdiger Tag. Für ein Forschungsprojekt unter Federführung des NABU soll einer unserer Störche eingefangen werden und mit einem GPS Solarsender, Gewicht  30 Gramm, ausgestattet werden.

Ich hatte unser Brutpaar schon seit über drei Wochen an eine selbstkonzipierte Falle gewöhnt und in der Falle immer ein wenig Futter angeboten. Beide Altstörche nahmen den Futterplatz am äußeren Ende – also weit in der Falle - zu meiner großen Überraschung schon gleich am ersten Tag ohne große Scheu und

Vorsicht an. Das Weibchen lief am Fangtag gleich mehrfach in die Falle, wurde aber immer scheuer. Der Fangversuch war deshalb auch zu riskant und wurde

abgebrochen. Schließlich wechselte das Brutpaar und der bis dato  die Jungen

bewachende Hobor flog vom Horst und suchte schnurstracks arglos die Falle

auf. Das Stützholz wurde per Seilzug zum Einsturz gebracht und unter dem großen Bundeswehrtarnnetz ward Hobor gefangen. Ihm war  dabei—wie geplant- nichts passiert.

Dr. Michael Kaatz vom Storchenhof in Loburg, Sachsen-Anhalt, nahm dann sehr

fachgerecht die Besenderung des Hobor vor. Er erhielt einen amerikanischen GPS-Solarsender der immerhin 3000 Euro teuer ist. Auch die Satelittendaten schlagen noch mit weiteren 9 Euro pro Kalendertag zu Buche.

Bei dieser Gelegenheit bekam dann der bis dahin unberingte Hobor auch einen Elsa Ring der Vogelwarte Helgoland. Seine Ringnummmer lautet:DEW 5X055.

Hobor überstand die aufwendige Prozedur offensichtlich ohne größeren Streß. Sein Kopf war währdend der Besenderungsaktion die meiste Zeit mit einem Handtuch leicht abgedeckt und das Tier war dadurch sichtlich beruhigt.

Als alles überstanden war ließ ich Hobor am höchsten Punkt in der nahen Hauskoppel wieder frei. Für einige gute Fotos blieb er noch 1-2 Minuten wie zur Besinnung im Gras sitzen. Dann sprang er urplötzlich auf und flog von dannen. An diesem Abend kehrte er nicht zu Frau und Kindern aufs Nest zurück. Am nächsten Morgen jedoch lief er schon wieder in der Hauskoppel, flog später aufs Nest und fütterte seine vier Jungen.

Mit dem Sender flog er auch als wäre nichts gewesen. Ab 04.07.2009 ging er, wenn auch zögerlich, wieder an den Futterplatz und bediente sich.

 

                   Die Jungen werden flügge

 

Am 13.07.2009 sind die ersten beiden Jungstörche flügge geworden. Jungstorch

DEW 5X053 steht auf unserem Hausdach und Jungstorch DEW 3X945 steht längere Zeit in der Wiese hinter dem Horst.

Am 15.07.2009 fliegt auch Jungstorch Nr. 3, DEW 3X054

Am 17.07.2009 fliegt auch Jungstorch Nr. 4, DEW 3X946

 

Heute wird auch Hobor das erste Mal an seinem Ring erkannt. Morgens um 6.00 Uhr stand er auf dem neu errichteten Mastnest des E-On Mitarbeiters Johannes Juhl in Linden. Sein Sender dokumentierte seine Stippvisite auf diesem im Frühjahr 2009 neu errichteten Mastnest. Außerdem lieferte der Sender schon exate Daten über Hobors Nahrungsrevier. Dieses erstreckt sich über ein großes, von Dauergrünland geprägtes Niederungsgebiet im Bereich der Lindener Au bzw. der Broklandsau. Es umfasst ca. 340 Hektar an Fläche und wird begrenzt durch die Dörfer Westerborstel – Rederstall-Barkenholm-Linden-Pahlkrug.

 

                                      Abzug der Jungen

  1. Am 26.07.2009 DEW 5X053 und 3X945 sind fort.
  2. Am 02.08.2009 DEW 5X 053 ist wieder da.!!!!!!
  3. Am 05.08.2009 DEW 5X054 ist abgezogen
  4. Am 08.08.2009 DEW 5X053 und 3X 946 sind abgezogen.

 

                                      Abzug der Altstörche

  1. Am 26.08.2009 startet das Weibchen bei herrlichstem Thermikwetter. Mit langem Klapperstrophen verabschiedet der im Horst stehende Hobor sie.
  2. Am 30.08.2009 ist auch Hobor aufgebrochen. Jedoch wie uns die Senderdaten später verraten werden, war er lediglich 2  Nächte in Heide-Süderholm nur ca. 10 km Luftlinie von seinem Horst entfernt.
  3. Die Nacht vom ersten auf den 2.September 2009 verbringt er wieder auf seinem Horst.
  4. Am 02.09.2009 bei erstem Tageslicht kann ich ihn um 6.05 einwandfrei an seinem Ring identifizieren. Die Rückkehr eines Storches der seinen Bruthorst schon verlassen hatte, haben wir in 31 Jahren nie feststellen können.
  5. Am 02.09.2009 so ca. ab.6.30 Uhr ist Hobor bei nicht idealem Zugwetter dann zum Herbstzug aufgebrochen.

 

Sein interessanter Zugweg ist auf den Internet Seiten des NABU unter www.nabu.de in aller Ausführlichkeit gut beschrieben und nachzulesen.

 

                      Sein bisheriges Reisetagebuch(Kurzform)

 

02.09.2009       Deutschland: Seine erste Tagesetappe von 116 km endet in der Gegend von Schwarzenbeck, östlich von Hamburg

n  03:09:2009  Deutschland: bei Preten an der Sude im Kreis Lüneburg

n  04.09.2009 Polen: westlich von Posen, die Tagesetappe lag bei 370 km

n  09.09.2009 Ukraine, nahe der rumänischen Grenze,am Fuße der Karparten

n  Reiseweg bis  dahin ca. 1440 km

n  10.09.2009 Zug durch Rumänien und Bulgarien entlang der Küste des Schwarzen Meeres

n  11.09.2009 Türkei: Überquerung des Bosporus und Weiterflug in die zentrale Türkei

n  13.09.2009 Türkei. 100km südlich Tuz Gölu, einem großem Salzsee

n  14.09.2009 Syrien: ist durchquert, Landung nördlich der Golanhöhen

n  16.09.2009 Israel: Start in der Negev Wüste,vormittags erreicht er schon die Sinai Halbinsel

n  17.09.2009 Ägypten: Flug vom Sinai über den Golf von Suez in Richtung Nil. Hobor nächtigt ca. 40 km westlich von Edfu in der Wüste

n  18.09.2009 Sudan: Zugweg westlich entlang des Nils und Assuan Staudammes. Er übernachtet in der Sahara

n  20.09.2009: Sudan:Hobor verlässt den Nil in Richtung Südwest. Er übernachtet auf Bäumen an einem ausgetrockneten Flussbett.

n  21.09.09 Sudan: Nahrungssuche in einem ausgetrocknetem Flussbett auf einer Länge von 23 km. Keine größere Zugbewegung

n  23.09.2009 Tschad.: Nach über 300 km Zugweg wird der Tschad erreicht. Bis jetzt hat Hobor in nur 22 Tagen 6712 km zurückgelegt. Durchschnittlich also 305 km am Tag

n  27.09.2009 Tschad: Offenbar hat Hobor das erste längere Zwischenrastgebiet erreicht.Rast in der Nähe des Flusses Bath,der den Lac Fiti speist. Dort ist zu dieser Zeit noch mehr Vegetation und damit Nahrung(wohl Heuschrecken) vorhanden.

Hoffen wir weiter auf interessante Senderdaten unseres Hobor und möge er heil und gesund im Frühjahr seinen vertrauten Bruthorst wieder erreichen.

Übrigens: Hobor brütet seit 2003 bei uns in Linden-Pahlkrug und zog hier in dieser Zeit  27 Jungstörche auf.

 

Verfasser : Rolf Zietz, Linden-Pahlkrug , 02.10.2009

 

Gesamtdaten Storchennistplatz in Linden-Pahlkrug 1979 - 2010

81 Junge direkt ausgeflogen

4 Junge in Pflegestationen verbracht (1983 1 Süderstapel / 1990 2 Eekholt)

85 Jungvögel

85 Jungvögel

32 Brutjahre

2, 65 Junge / Brutjahr

85 Jungvögel

25 erfolgreiche Brutjahre

3,40 Junge / erfolgreichem Brutjahr

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
HPm 4 HPm 2 HPm 2 HPm 4 HPm 5 HPm 4 HPm 4 HPm 4 HPm 4 HPm 5
1991 1992  1993  1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000
HPo HPo HPm 4 HPm 5  HPm 1 HPm 3 HPo HPm 4 HPm 4 HPm 4
1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990
HPm 2 HPo HPm 2 HPo HPm 1 HPm 2 HPm 3 HPm 4 HPm 4 HPo
---- ---- ---- ---- ---- ---- ---- ---- 1979 1980
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